Daniel Krauss: Für mich ist Gründer sein echte Selbstverwirklichung

 

Wie kam die Idee FlixBus zu gründen? Und wie waren die ersten Reaktionen aus deinem Umfeld?

Die Busplattform war der Beginn und entstand zufällig. Wir haben ein halbes Jahr überlegt und unterschiedlichste Ideen gesponnen – auch eine Geriatrie-Idee hatte es aufs „Treppchen“ geschafft. Wir wollten etwas Echtes erschaffen, etwas das Menschen bewegt – dass es dann wortwörtlich dazu kam, war ein Zufallsprodukt.

 

Irgendwann gab es einen Spiegel-Bericht über den Fernbus-Markt. In England war das schon ganz normal, bei uns gab es nur Bahn, Flugzeug und Auto – und die Preise waren auch nicht zum Jubeln. André war als Kommunalpolitiker noch näher an diesem Thema dran und am meisten an der Idee interessiert. Er hat uns dann klargemacht, wie groß der Markt ist, der sich liberalisiert und wir haben beschlossen mitzumischen.

 

 

Spannend, in einem dir völlig unbekannten Feld zu gründen!

Tatsächlich macht es sehr viel Sinn. Wenn man die Kriterien betrachtet, die für den Erfolg ausschlaggeben sind, landet die Marktgröße auf dem ersten Platz, gefolgt von Team und Idee. Wenn Menschen nur der Idee nachrennen, kann das zu narrow-minded sein und die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns oder eines nur durchschnittlichen Erfolges erhöhen.

 

 

Du warst zuvor bei Siemens und Microsoft – wie kam der Turn zum Gründer?

Ich hatte coole erste Arbeitgeber, habe dort aber auch gelernt, dass ich meines eigenen Glückes Schmied werden will. Es war klar, dass Jochen und ich uns selbstständig machen wollten. Wir waren ewig zusammen auf der Suche und hatten 2005 schon ein kleines Consulting-Unternehmen.

 

Subjektiv betrachtet liebe ich es, gesamt-verantwortlich zu sein und bin ein Workaholic. Microsoft hat eine Leistungskultur, aber du hast immer eine schützende Hülle, die dich davor bewahrt, dass etwas Schlimmes passiert. Aber auch davor, dass etwas sehr Schönes passiert.

 

Ich mag es, am Ende die Verantwortung zu tragen und denke es gibt so etwas wie das „Unternehmer-Gen“. Das ist sicherlich nicht für jedermann und -frau etwas, aber ich find‘s geil. Ich mag die „Echtheit“ und dass man Misserfolge direkt mitbekommt. Für mich ist Gründer sein, echte Selbstverwirklichung und ich kann mit Stolz sagen, dass ich in der Maslowschen Bedürfnis-Pyramide die oberste Stufe erreicht habe.

 

 

In wenigen Worten: was waren die größten Veränderungen für dich als Gründer auf dem Weg vom StartUp zum Unicorn FlixMobility?

Irgendwann machst du nicht mehr alles selbst, musst delegieren lernen und dich auf deine Führungsaufgabe konzentrieren. Du musst die Führungskräfte führen und bist trotzdem für die Rahmenbedingungen verantwortlich. Ich sorge dafür, dass die komplette Mannschaft optimal arbeiten kann.

 

 

Was waren deine Top Learnings während dieser Zeit?

Als Gründer bist du immer auch ein Stück naiv und hast einen großen Wunsch. Die Wahrheit ist, dass alles, was schiefgehen kann, schiefgehen wird. Es wird sich nicht einfach fügen und in der Realität trifft Murphys Law immer zu.

 

Wie wichtig ein handverlesenes, kulturell harmonierendes Team ist. Du solltest Personalentscheidungen, wen du einstellst, nie ganz aus der Hand geben. Die Chemie oder Komposition muss stimmen wie bei einer Top Fußballmannschaft.

 

Flixbus-THEGROW

Welche Rolle haben Kooperationen beim Auf- und Ausbau von FlixMobility gespielt?

Die Beziehungen zu unseren mehreren hundert Mobilitäts-Partnern sind elementar und unser Kernansatz. Sie sind der Nukleus unseres Geschäftsmodells. Ansonsten wollten wir uns größtmögliche Unabhängigkeit bewahren, um nicht an Schnelligkeit zu verlieren.

 

 

Was wird der nächste große Schritt für FlixMobility?

Außerhalb von unserem Kernprodukt und der Internationalisierung: FlixTrain soll eine ebenbürtige Schwester werden. Das Geschäftsmodell ist dabei ähnlich wie bei den Bussen. Es ist ein Erfolgsrezept, das sich bewährt hat.

 

 

Was stellst du dir unter Mobilität der Zukunft vor?

Der große und einzige bisher verbleibende Vorteil eines Verbrenner-Motors ist, dass er Strecken – und Größen-unabhängig ist. In Zukunft braucht es mehr bedarfsgerechte Mobilität. Ein kleiner Smart zum Einkaufen, mit dem Van nach Italien und immer mehr öffentliche Verkehrsmittel als Ergänzung. Flugmittel werden nur noch für interkontinentale Strecken Relevanz haben.

 

Das ganze Mobilitäts-System muss nahtlos funktionieren und ein einheitlicher Datenraum werden, der den Nutzen in den Mittelpunkt stellt. Die Anwendbarkeit muss deutlich einfacher werden – aktuell brauchst du über verschiedene Verkehrsmittel hinweg gefühlt 100 Einzel-Apps.

 

Es wird neue Speicher-Möglichkeiten geben. Es wird zu einer Renaissance der Verbrennungsmotoren kommen. Es wird um E-Fuels neue Brennstoffzellen-Technologie und selbst Themen wie Gas geben. Es muss eine höhere Technologieoffenheit geben, denn Mobilität wird komplexer und Technologie ist das A und O.

 

Neben Mobilität: Gibt es weitere Themen, für die du persönlich brennst?

Bildung, vor allem kindliche und jugendliche Bildung. Nachhaltigkeit, denn jeder halbwegs umsichtige Mensch unserer Generation sollte das als Metathema unserer Zeit verstehen. Finanzen. Finanzsysteme interessieren mich einfach, von Aktien bis DFI Crypto.

 

 

Könntest du dir vorstellen in diesen Bereichen nochmal Gründer zu werden?

(lacht) Sag niemals nie. Im Bereich NGO und Bildung eventuell, „for profit“ eher nicht.

 

 

Was müssen Wirtschaft und Politik tun, um Gründer:innen besser zu unterstützen?

Die Redner beim THE GROW Entrepreneurs Lunch haben den Nagel auf den Kopf getroffen.

 

Regulatorik

Es kann nicht sein, dass die Umsetzung von einer Idee zu einer GmbH so kompliziert ist. In den baltischen Staaten geht das alles digital in wenigen Minuten. Dass es bei uns einen Notar braucht, ist absolut veraltet, geradezu mittelalterlich.

 

Finanzierung

Die Finanzierungsangebote sind schon besser geworden – vor allem für Early Stage StartUps. Aber danach wird es eng, da kommt das Kapital meist aus den USA oder Kanada und das ist schade.

 

Talent

Wir haben zu wenig qualifiziertes Talent. Nicht weil wir zu viele „Dumme“ haben, sondern weil wir schlichtweg zu wenig Menschen haben. Es gibt genug zu tun, aber wir haben nicht genug qualifiziertes Personal in allen Bereichen – das zieht sich vom Handwerk bis Data-Science.

 

 

Was wünscht du dir von den Gründer:innen von Morgen?

Ich wünsch mir mehr Gründerinnen und auch mehr Investorinnen. Weil es immer noch zu einseitig ist und das sollten wir ändern. Menschen sollen Ihre Idee nicht ewig mit sich rumschleppen, sondern machen. Scheitern ist ok, es kann nicht immer aufs erste Mal klappen. Wenn du den Reiz verspürst, probier’s einfach aus.

 

Flixbus

 

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